Jesuskirche mit Gemeindezentrum
Nominierung 2022 in der Kategorie Kulturbauten
Bernd König Lichtplanung
Augustenstraße 48
80333 München
Kategorie
Kulturbauten
Lichtplanung
Tina Haase
Bernd König
Andreas Mayer
Moritz Schmidt
Fotorechte
© Diplom Fotodesigner Maximilian Gottwald
Bauherr
Dekanat Ingolstadt
Architekt
Andreas Mayer, abhd architekten denzinger und partner mbH
Innenarchitekt
Moritz Schmidt
Elektroplanung
Ingenieurbüro FDW, Gaimersheim
Projektbeschreibung

Für einen Kirchenraum gibt es keine offiziellen Anforderungen aus DIN oder Arbeitsstättenregeln an Beleuchtungsstärken oder Tageslichtquotienten. Für die Räume des Gemeindezentrums werden, angelehnt an die Anforderungen an die DIN EN 12464-1, mit 300lx geplant, die Flure mit 100lx gepant. 

Der Sakralraum wird gesondert betrachtet und steht im Mittelpunkt der folgenden Betrachtung:  

Sakralraum – Tageslicht: Es eine angenehme Atmosphäre herrschen, bei der von innen die Tageslichtsituation außen ablesbar bleibt, der Raum aber eine kontemplative Stimmung behält. 

Der Sakralraum ist mit der Ganzglasfront so offen wie möglich gestaltet, trotzdem soll ein Gottesdienst in feierlicher, behüteter, freundlicher Umgebung stattfinden. 

Sakralraum – Kunstlicht: Das Kunstlicht muss zum einen für eine gute Grundausleuchtung sorgen. Als Ziel für die Beleuchtungsstärke wurden etwa 200lx angesetzt. Der Altarbereich soll zusätzlich Licht für die agierenden Personen bekommen. D.h. hier soll eine höhere Beleuchtungsstärke horizontal, wie auch vertikal herrschen. 

Sakralraum – Kunstlicht, Dunkelheit, von außen: In der Dunkelheit soll der Kirchenkörper den Besucher durch sein warmes, von innen strahlendes Licht einladen. Die Durchlässigkeit der Hülle als Kommunikationsmittel, als Interaktion zwischen außen und innen war ein wichtiger Aspekt.

Turm – Kunstlicht außen: Der Turm als Wahrzeichen einer Kirche wird hier auf sich reduziert. Die Beleuchtung soll die Einfachheit unterstreichen, und doch dazu beitragen, den Turm als Zeichen wahrzunehmen. Der Kirchturm ist weithin sichtbar. Die Außenbeleuchtung wurde mit der LED-Lichtbändern Aqualuc realisiert.

 

Umsetzung

Die konstruktiven Elemente aus Buchen-Furnierschichtholz wurden so gewählt, dass diese nicht nur die statischen und raumbildenden Funktionen übernehmen, sondern sich gleichzeitig als sichtbare Elemente im Raum abzeichnen. Damit konnte auf zusätzliche Verkleidungen verzichtet werden. Die sichtbare Tragwerkstruktur mit ihrer technisch anmutenden Ornamentik sorgt für eine stringente und spannende Raumwirkung. Der Kirchenraum wird über Stromschienenstrahler beleuchtet. Sie sitzen raumbegleitend, in Gruppen links und rechts in den Ausfachungen der Decke. Die Empore wird über runde Aufbaudownlights beleuchtet, die niedriger sind, als die Ausfachung. Herausforderung dieser Lösung war die Anbringung der Strahler. Keine Bohrungen, keine Kabel, dafür filigrane Formsprache mit einer Robustheit, die die Formensprache der Tragwerkstruktur aufnimmt. Die Treppe mit dem Gang zur Empore bekommt Wandeinbauleuchten. Die Abgrenzung zum Sakralbau mit Staketen ist lichtdurchlässig und unterstützt die Offenheit des Raums. 

Der Sakralraum wird zudem geprägt von der Ganzglas-Fassade, die ihm einen einladenden, transparenten Charakter verleiht und den Innenraum mit Licht flutet. Um Sonneneinwirkungen zu brechen und gleichermaßen den Blick nach außen zu beruhigen, wird die gläserne Fassade von doppelwandig transluzenten Klappläden aus gepulverten Lochblechen umfasst. 

 

Kunst am Bau

Die Grundidee von Klappläden mit Lochblechen war Ausgangspunkt für die künstlerische Intervention von Professorin Tina Haase. Ihre Intention war es, das Raumkontinuum im Sakralraum zu verstärken, das Dach wie einen schwebenden Schirm erscheinen zu lassen und zugleich das Gegenlicht weitgehend zu reduzieren. 

Wie sie dies erreicht, ist in einer angefügten Skizze von ihr verdeutlicht: Drei verschiedenfarbige Gitterebenen mit geringem Abstand werden versetzt gestaffelt. Die erste Gitterebene ist nach innen messingfarben und rückseitig auf Hochglanz poliert, um die zweite, intensiv hellblaue Farbe der 2. Gitterebene zu reflektieren. Ebenso ist die Rückseite der blauen Ebene hochglanzpoliert, um das eintreffende Licht auf die 3. rote Gitterebene zu reflektieren.

Diese Komposition der Ebenen und der Farbigkeit wirkt durch die Lichtbrechung in den Innenraum und lässt die Durchsicht lebendig werden. Innen- und Außenraum verschmelzen. Tageslicht dringt gebrochen, farbig durch die Lochungen, ähnlich wie bei Buntglasfenstern alter Kirchen. Vom Innenraum aus erscheinen die Läden unspektakulär neutralfarbig, mit dem Überraschungsmoment der durchscheinenden Farbigkeit. Von außen setzt die goldene Farbe der Klappläden angenehme Kontraste zu der vorvergrauten Holzfassade. Hier sind die Klappläden zugleich Gestaltungselement und entfaltet erst nach der Dämmerung ihre warme Durchsichtigkeit, wenn der Sakralraum von innen beleuchtet ist. Die Klappläden sind wie eine zweite Haut.